Lockdown

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Seit mehr als sechs Wochen sind wir jetzt im Lockdown. Dazu zu schreiben fällt mir schwer, vor allem, weil einfach nichts passiert. Und es geht noch mindestens vier Wochen so weiter nach den neuesten Aussagen der Regierung bzw. des Bürgermeisters von Quito.

Das ist sowieso die größte Schwierigkeit im Moment: Die fehlenden oder sehr späten Informationen über die Maßnahmen sowie die Bedingungen. Aber so viel ist klar: Wir dürfen das Haus von 14:00 Uhr bis 5:00 Uhr nicht verlassen, das Auto können wir nur einmal in der Woche benutzen und am Wochenende gar nicht. Da die Supermärkte deutlich reduzierte Öffnungszeiten haben, bedeutet einkaufen erst mal lange Wartezeiten von einer Stunde und mehr bis man den Supermarkt überhaupt betreten kann. Und vorher wird man noch „desinfiziert“. Was im Übrigen auch mit den Reifen der Autos gemacht wird, die in die Urbanisation hinein fahren. Welchen Sinn das haben soll, entzieht sich meiner Vorstellung.
Aber Desinfizieren ist auch sonst der Begriff der Stunde. Ganze Trupps fahren in Quito und anderen größeren Städten durch die Straßen und desinfizieren sie großflächig. Aktionismus, der offenbar zu Beruhigung der Bevölkerung dienen soll.

Und die ist auch bitter nötig. Durch den extremen Lockdown ist das Wirtschaftsleben fast vollkommen zum Erliegen gekommen. Da viele Menschen prekär beschäftigt oder selbstständig sind, haben diese einen Einkommensverlust von 100%. Die Regierung hatte daraufhin nichts Besseres zu tun, als Steuern zu erheben sowohl für Privatpersonen (ab einem Monatseinkommen von 500$) als auch für Unternehmen. Natürlich bleibt bei den maroden Staatsfinanzen kaum etwas anderes übrig, aber ob das wirklich die richtige Strategie ist, darf bezweifelt werden. Mit diesem Geld werden dann Bedürftige unterstützt.
Die fehlenden Einnahmen aus dem Ölverkauf machen die Situation natürlich nicht besser, gerade erst hat Ecuador wieder einen neuen Kredit von 643 Millionen $ vom internationalen Währungsfond bekommen.

Das merken wir auch in der Schule. Viele Eltern Shen sich nicht in der Lage das Schulgeld zu bezahlen. Inzwischen haben wir es um etwa 25% reduziert, was wir natürlich auch nur bedingt lange aushalten können. In der deutschen Schule Guayaquil gibt es einen Einnahmerückgang wegen fehlender Wiederanmeldungen nach den Ferien von fast 40%. Wir wissen natürlich nicht, was uns nach den Sommerferien bevorsteht, rechnen aber auch mit einer größeren Menge an Abmeldungen. Welche Konsequenzen das für uns haben wird, ist natürlich nicht absehbar.

Unterricht findet bis zum Sommer nur in digitaler Form statt. Glücklicherweise haben wir gerade noch rechtzeitig im Februar alle Lehrer mit Endgeräten ausgestattet und auch unsere Schüler sind ganz gut versorgt, so dass dieser in einer halbwegs didaktisch sinnvollen Form stattfinden kann. Insbesondere versuchen wir „direkten“ Kontakt zu unseren Schüler zu halten, indem wir Videokonferenzen mit ihnen machen. Jeder Schüler hat davon 12 – 16 pro Woche. Auf diese Weise können wir einen Lernfortschritt einigermaßen gewährleisten.

Das mündliche Abitur fällt dagegen in der übliche Form aus. Stattdessen werden wir auf Notendurchschnitte der vergangenen Jahre zurückgreifen. Das ist nicht optimal, aber unter den derzeitigen Umständen die einzig realistische Lösung.

Barbara und ich sind natürlich fast immer (abgesehen von einem gelegentlichen Besuch in der Schule und Einkaufen) zuhause. Wir sind jeden Tag froh darüber, dass wir im Januar umgezogen sind. Wir haben zwar nicht schrecklich viel Platz, aber wir fühlen uns ganz wohl und haben ja auch einen kleinen Garten mit einer Terrasse, die wir gut nutzen können. Das wäre in dem alten Haus so nicht möglich gewesen.
Sicherlich werden wir das auch noch weitere vier Wochen aushalten.

Was allerdings wirklich nervt, ist die Unsicherheit, ob wir es schaffen, zumindest im Sommer nach Deutschland zu kommen. Unsere Reise zu Ostern war ja ausgefallen, umso wichtiger ist es für uns, in den Sommerferien zu fliegen. Aber ob wir das unter den derzeitigen Umständen wegkommen und ob wir uns eine Reise unter den zu erwartenden Bedingungen antun wollen, ist überhaupt nicht sicher.
Wie so Vieles, werden wir das auf uns zukommen lassen müssen.

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